Mittwoch, 12. Juni 2013

Den Sternen so nah - Annapurna Sanctuary Trek

Ein erschöpftes Namastääähhh aus Pokhara.
We made it! Pünktlich sechseinhalb Tage nach Abfahrt sind wir zurück in Pokhara - Definitiv die anstrengendste Woche meines Lebens, dennoch zu 100% lohnend!
Grad sitzen wir bei Cocktails, Bier, Shisha und dem ersten Rindersteak seit gefühlten Jahren in der Oxygen Bar direkt am Seeufer in Lakeside, Pokhara und schwelgen in Erinnerungen, während eine erstaunlich gute Liveband und zahllose Insekten die Klangkulisse bilden.

Aber von Anfang an:
Um den Trek für die Lesefaulen mit wenigen Schlagworten zu beschreiben:

anstrengend, schweißtreibend, nass, stufenreich, interessant, wunderschön und jeden Tropfen Blut und Salzwasser wert!

Tag 1:
- Phedi bis Tolka
- Auf: 1000m
- Ab: 400m

Nachdem wir bereits am Vorabend unsere Rucksäcke mit allem nötigen (und unnötigen) Equipment gepackt hatten (ca. 15kg pro Rucksack incl. je 4 Liter Wasser), ging's nach einem ordentlichen Frühstück per Taxi los nach Phedi, dem Startpunkt des Treks. Im prallen Sonnenschein und ca. 30 Grad ging's dann zuerst nach Dhampus... Eigentlich nur 300m auf der Landkarte, dafür aber 550m Treppenstufen bergauf. Die aufgrund des Sonnenbrands langen Klamotten taten ihr übriges, sodass ich direkt pitschnass oben ankam. Nach nem kühlen Liter Wasser (der Wasserpreis  steigt analog zu den Höhenmetern an, da jeder Liter mangels Straßen hoch getragen werden muss) ging's dann weiter bergauf, über weitere Dörfer, durch Wälder und an Mais-, Reis und Gemüsefeldern und mehreren Kuh- und Wasserbüffelherden vorbei, bis es schließlich an der Station, an der wir uns die Berechtigung zum Bewandern des Geländes ausstellen ließen, anfing zu regnen. Zu dem Zeitpunkt waren jedoch Hose und Shirt schon so nass, dass es im Grunde nicht mehr schlimmer werden konnte. So gingen wir im Regen weiter bergauf zur zweiten Station für die Berechtigung. Da es noch immer bewölkt war, verkürzte ich meine Hose auf die Hälfte und erlebte eine unschöne Überraschung: wir wurden zwar vor den 'Leeches' (Blutegeln) gewarnt, durch die lange Hose konnten sich jedoch scheinbar zwei unbemerkt an meinem Bein fest saugen. Die Viecher selber waren zwar schon weg, aber die Wunden bluteten noch immer munter vor sich hin. Also: ab jetzt mehr auf glibber-Würmer achten. Egal, weiter ging's im Nieselregen über den Berggipfel (2100m) bis Tolka, wo wir relativ erschlagen gegen halb fünf ankamen und direkt die erstbeste Lodge bezogen - für unschlagbare 100 Rupien pro Person (unter 1€). Das Essen und Trinken ist hier dafür umso teurer, sodass man sich pro Tag auf etwa 2500 Rupien insgesamt einstellen kann. Ab Tolka tranken wir außerdem nurnoch Wasser aus der Leitung oder aus Flüssen, das wir mit einem Stück Dreieckstuch filterten (zum Glück der einzige Einsatz des Verbandkastens) und mit Silberionen desinfizierten. Nach dem Abendessen und einer warmen Dusche ging's ins Bett und 10 min später direkt in einen Traumlosen Erholungsschlaf...z z Z

Tag 2:
- Tolka to Upper Sinuwa
- Auf: 1200m
- Ab: 600m

Z z z .... der jedoch nicht lange anhielt, denn bereits um sechs klingelte der Wecker, und nach einer dicken Schale Müsli mit heißer Milch ging's direkt weiter - erneut im unbeständigen Mischmasch aus Nieselregen, Schauern und Wolken. Und eine weitere eher unschöne Tatsache: über Nacht ist absolut nichts von unseren Klamotten auch nur teilweise getrocknet, also wurde nass von Tolka losgewandert. Zunächst durch den Wald zurück ins Tal, wo wir per Hängebrücke einen Fluss überquerten und direkt wieder hoch auf den nächsten Berghang nach Landruk. Hier hielten wir uns nicht lange auf, sondern stiegen erneut den Berg hinab, um das Flussufer zu wechseln (1300m) und nach Jinhu (1710m) aufzusteigen. Dass die Auf- und Abstiege jeweils größtenteils aus Treppenstufen bestehen, brauche ich ja nicht immer zu erwähnen, aber der Aufstieg von Jinhu nach Chomrong (2200m) war schon besonders steil und anstrengend - wenn auch zum Glück im strömenden, kühlenden Regen. Oben angekommen leisteten wir zwei Schweizerinnen beim Mittagessen Gesellschaft und erhielten wertvolle Tips für Kathmandu. Einigermaßen erholt ging die Wanderung anschließend - und nun bei Sonnenschein - weiter. Die hart erkämpften Höhenmeter gingen beim Abstieg ins nächste Tal (1900m) direkt wieder Flöten, denn es musste erneut ein Fluss über die bislang größte Hängebrücke überquert werden. Im Tal schon wieder arg erschöpft ging's - natürlich - direkt wieder bergauf nach Sinuwa. Den Ort konnte man von Chomrong aus schon sehen, dennoch dauerte die Tour bis in den späten Nachmittag hinein und in Upper Sinuwa (2340m) bezogen wir das nächste Nachtquartier. Wie am Tag zuvor fielen wir erschöpft nach dem Essen und Duschen ins Bett.

Tag 3:
- Upper Sinuwa to Deurali
- Auf: 1200m
- Ab: 300m

Am dritten Tag der Tour ging's - erneut mit von Anfang an nassen Klamotten - weiter in Richtung Basecamp. Das Tagesziel war dieses mal (eigentlich) das Basecamp des Fishtail Mountain (MBC), aufgrund der eigenen körperliche Grenzen wurde es jedoch nur das Dorf davor mit dem schönen Namen Deurali (3230m). Der Weg dorthin führte zunächst über einen ca. 300m höheren Gebirgszug und durch die Bambuswälder um das Dorf Bamboo, von wo aus es weiter Bergauf nach Dovan ging. Auf dem Weg dorthin schlugen wir uns jeder einen Bambus-Gehstock zur Erleichterung der Auf- und Abstiege. Nachdem in Dovan kurz die Wasservorräte aufgestockt wurden, ging's direkt weiter hoch zum Himalaya-Hotel (2920m), wo wir beim Mittagessen ins Gespräch mit einer Gruppe Isländern kamen, die denselben Weg haben und letztlich eine Stunde vor uns am Ziel angekommen sind. Dazu muss man sagen, dass die Vierergruppe drei Gepäckträger dabei hatte, während wir alles selber getragen haben. Cheater ;-)
Wie dem auch sei, irgendwas war wohl mit dem Essen nicht gut, oder es waren einfach erschöpfungsinduzierte Magenschmerzen, die uns zum verweilen in Deurali zwangen. Von der Ankunft um 2 Uhr schliefen wir deshalb nach der Dusche erstmal bis zum Abendbrot und direkt danach weiter bis zum nächsten Morgen. Beim Abendbrot lernten wir hier ein Pärchen aus England und ein indisches Ehepaar kennen, mit denen wir uns jeweils kurz austauschten.

Tag 4:
- Deurali to Annapurna Base Camp
- Auf: 900m
- Ab: 0m

Beim Erwachen am Morgen des vierten Tages war die Welt wieder in Ordnung: Gesund und vor allem wolkenlos ging's gegen neun in Richtung MBC los. Auf dem Weg überholten wir die beiden Engländer und machten Bekanntschaft mit den ersten Gletscherresten, die zum Sommer hin gerade nach und nach wegtauen. Am MBC 3700m) konnten wir zum ersten Mal einige unserer Sachen wenigstens teilweise auf den heißen Mauersteinen trocknen, bevor uns die Wolken aus dem Tal einholten. Da es vom MBC aus in anderer Richtung zum ABC weiter ging, ließen wir die Wolken beim Weitermarsch aber schnell wieder hinter uns und legten das letzte Stück Weg im Sonnenschein und wundervollem Bergpanorama über Gras- und Blumenwiesen und Geröllfelder zurück (kurz vor Deurali hörte der Wald auf und wich erst Sträuchern und Hecke, die bald auch verschwanden und Wiesen Platz machten), sodass wir gegen 13:00 auf 4130m über dem Meer am Annapurna Base Camp ankamen. Im Rückblick war das die mit Abstand einfachste Tagestour.
Die 2000m, die wir in den letzten 2 Tagen hochgestiegen sind, fordern dennoch spätestens jetzt ihren Tribut, denn nach dem Mittagessen setzten Kopfschmerz und etwas Schwindelgefühl ein: Höhenkrankheit.
Bis zum Abendessen blieben wir deshalb im Bett und standen erst kurz vor Sonnenuntergang wieder auf. Die Wolken, die uns kurz nach Ankunft umgaben, hatten sich komplett verzogen und in der Dämmerung sind Top-Bilder entstanden, die von einem geselligen, multinationalen Abendessen gefolgt wurden. In der folgenden Nacht fanden wir kaum Schlaf, denn Atemprobleme begleiteten uns. Der Reiseführer sagt, dass man sofort absteigen soll, wenn man nicht mehr geradeaus gehen kann. Da wir das aber beide konnten und es dunkel war, beließen wir es bei der Horizontalen. Auf jeden Fall sind 4130m aber nicht zu unterschätzen.

Tag 5:
- ABC to Chomrong
- Auf: 600m
- Ab: 2000m

...Belohnt wurde unser Durchhaltevermögen mit einem unbeschreiblichen Sonnenaufgang ab 5 Uhr früh. Langsam schob sich die Sonne, die hinter dem Fishtail-Mountain aufgeht, die gegenüberliegenden Berggipfel hinunter bis schließlich die kompletten schneebedeckten Berge beleuchtet waren - und das alles komplett wolkenlos. Kopfschmerzen und Schwindel haben sich auch verabschiedet.
In der Kulisse dieses grandiosen Panoramas traten wir um 7:00 den Rückweg an. In einer Geschwindigkeit, die mit dem Aufstieg kaum vergleichbar ist, ging's über das MBC, Deurali, das Himalaya-Hotel und Dovan zunächst bis Bamboo (2335m), wo wir Mittag aßen und ich mir aufgrund von Knöchelproblemen einen zweiten Bambusstock zugelegt habe. Damit ging's dann - krepelig ohne Ende aber mit noch immer annehmbarer Geschwindigkeit - weiter bergab nach Sinuwa und von dort weiter in Richtung Chomrong ins Tal und über die Hängebrücke. Zum Abschluss des Tages ging's dann nochmal  (nachgezählt) rund 2500 Treppenstufen nach oben zum oberen Ende von Chomrong, wo wir unser Nachtquartier in einer netten Lodge fanden.
Eins ist jedoch in jedem Fall klar: das war definitiv die längste Treppe und der härteste Tag meines Lebens. Oben angekommen konnten wir beide kaum noch die sechs Stufen zum Zimmer bewältigen und es hat nach Ankunft mindestens 20 Minuten gedauert, bis meine Hose aufgehört hat zu tropfen. Wir dachten, der Weg hoch wäre am schlimmsten - Pustekuchen - denn der Rückweg sollte nochmal alle Kräfte aufzehren.
Mit brennenden Oberschenkeln und Knöcheln sind wir - halb acht - schließlich eingeschlafen.

Tag 6:
- Chomrong to Gandruk
- Auf: 900m
- Ab: 1100m

Nach dem Gewalt-Abstieg am gestrigen Tag ging's am Tag 6 erst um halb zehn los - im strömenden Regen. nach einer kaum erholsamen Nacht und Müsli zum Frühstück führte uns unser Weg von Chomrong aus zunächst um einen Bergzug herum, dann hinunter nach Kimrong Khola (1715m) am Fluss. Hier sagte man uns, dass der Fluss durch die Regenfälle der letzten Tage unpassierbar sei und wollte uns ein Zimmer für die Nacht andrehen - morgen sei es besser. Da es erst 11:00 war suchten wir nach Alternativen und fanden diese in einem ca. dreistündigen Umweg: wieder zurück auf den Haupt-Trek 300m bergauf, dann zur nächsten Stadt und erneut bergab. Weiter über eine Hängebrücke und bergauf über den nächsten Berg (Komrong Danda, 2100m), auf dessen Rückseite Gandruk auf 1940m liegt... Gesagt, getan, und in strahlendem Sonnenschein kamen wir ca. um fünf in Gandruk an. Unterbrochen wurde die Reise nur noch von diversen Wasserbüffeln, die mitten auf dem Weg standen und grasten. Weil die manchmal unter Gemütsschwankungen leiden und ziemlich lange Hörner haben, ist da jedes Mal Vorsicht geboten. Außerdem kam uns eine Karavane aus mindestens 50 schwer bepackten Ponys entgegen, die Baustoffe und Propangasflaschen den Trek entlang transportierten und von mehreren Nepalesen die teils sehr steilen Hänge und Treppen hinunter getrieben wurden.
In Gandruk bezogen wir eine Lodge, die einen Top-Ausblick auf das Dorf und die Berge hatte. Es war zwar von hier nur noch eine Stunde bis zur Jeep-Station und der Marsch war lange nicht so erschöpfend wie der gestrige, aber die Lodge hier ist günstiger als das Guest House in Pokhara :-)

Tag 7:
Gandruk to Jeep Station to Pokhara
- Auf: 0m
- Ab: 300m

Der letzte Tag war sozusagen biblisch, denn am siebten Tage haben wir uns - nach einem einstündigen Marsch bergab von Gandruk zur Jeep-Station, bei dem uns erneut schwer bepackte Ponys entgegen kamen - bei der anschließenden Jeep-Fahrt zurück nach Pokhara ordentlich ausgeruht! Das war möglich, weil wir den wohl gelassensten und langsamsten Fahrer aus ganz Nepal erwischt haben. Gut, die Schotterpiste durch die Berge führte oft nah am Anhang entlang und große Felsen und Flussläufe, die die 'Straße' kreuzten, machten 4x4 oft nötig, aber auf der echten Straße wurden wir hinterher chronisch überholt...
Einer Thrombose nahe kamen wir schließlich 3 Stunden später am Hotel an und begannen sofort damit, unsere Klamotten zu waschen. Sechs Tage dauernass und salzig hinterlassen definitiv riechbare Spuren!

An dieser Stelle ein großes Lob an das Dream-Team aus Lowa Renegade und Falke-Socken. Selbst nach der Woche Dauertest können die beiden noch lange nicht gegen meine Turnschuhe anstinken! Außerdem habe ich mir nicht eine einzige ernstzunehmende Blase gelaufen.

Nach dem Mittagessen ging's beim Shoppen in Lakeside entspannt weiter. Neben ein paar neuen Klamotten war auch noch ein Paragliding-Flug für 5500 Rupien p.P. drin, also wird auch morgen wieder Ereignisreich ;-)

Da wir hier nun (um halb zwölf) dezent gegangen werden, ist nun auch gut mit bloggen!

Bis Bald, sofern ich den Flug mit der Gesellschaft "Fly Nirvana" überlebe :-D
Liebe Grüße
Björn

Spoiler: I'm still alive!

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